Letzte Chance Studienplatzklage: Wie sie funktioniert und was du unbedingt beachten musst

Tim Reichel

Eine Studienplatzklage ist für viele Studeten die letzte Möglichkeit, um das Traumfach doch noch zu studieren. Hier gibt's alles, was du dazu wissen musst.

Bild: Viktor Hanacek / picjumbo.com

Das richtige Studium zu finden, ist gar nicht so einfach. Bei ca. 400 Hochschulen und über 14.500 Studiengängen in Deutschland fällt die Wahl oft nicht leicht.

Und selbst wenn du dein Traumstudium oder deine Wunschuni bereits gefunden hast, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass du schnell und einfach anfangen kannst zu studieren. Zugangsvoraussetzungen und Beschränkungen bei der Einschreibung erschweren den Start und sind für viele Studieninteressierte unüberwindbare Hürden.

Doch dagegen kannst du etwas tun: Unter bestimmten Voraussetzungen kannst du mit einer Studienplatzklage doch noch an die Hochschule und zu deinem Lieblingsstudium kommen.

Wie das genau geht, erfährst du in diesem Artikel. Zusammen mit Rechtsanwalt Stefan Buddeke zeigen wir dir in einem neuen Studienscheiss-Experteninterview, wie eine Studienplatzklage funktioniert, warum die Sache moralisch völlig in Ordnung ist und auf was du dabei achten musst.

Los geht’s.

 

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Haben Studierende, deren Zugang zum Wunschstudiengang abgelehnt wurde, immer die Möglichkeit einen Studienplatz einzuklagen?

Ja. Grundsätzlich kann jeder abgelehnte Bewerber versuchen, die Zulassung zum Studium „einzuklagen“. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eine Erstzulassung zum Studium, einen Fachwechsel oder einen Zugang zum Masterstudium handelt.

 

Wie sollten die Studierenden dann genau vorgehen? Bitte skizzieren Sie kurz die einzelnen Schritte.

Das ist vom konkreten Fall abhängig. In der Regel wird mit der „Studienplatzklage“ die Zulassung zum Studium außerhalb der festgesetzten Kapazitäten geltend gemacht. Denn die Universitäten und Hochschulen sind verpflichtet, die Ausbildungskapazitäten voll auszuschöpfen und so viele Bewerber aufzunehmen, wie es tatsächlich möglich ist.

Mit der „Studienplatzklage“ wird also überprüft, ob die Kapazitäten tatsächlich voll ausgeschöpft worden sind oder es nicht doch noch „versteckte“ freie Studienplätze gibt. Diese freien Plätze entfallen dann auch auf diejenige, die den Studienplatz außerhalb der festgesetzten Kapazitäten geltend machen.

Das Verfahren beginnt mit der ganz normalen Bewerbung um den Studienplatz. Dann beantragt der Bewerber, außerhalb der festgesetzten Kapazitäten zum Studium zugelassen zu werden. Wenn es bereits einen Ablehnungsbescheid gibt, kann gegebenenfalls (je nach Bundesland) Widerspruch erhoben werden. Es sollte auch ein Eilantrag an das zuständige Verwaltungsgericht gestellt werden. Denn ohne den Eilantrag würde gegebenenfalls gar nicht oder erst nach Monaten über den Antrag entschieden werden und wichtige Studieninhalte könnten verpasst werden.

Da die Verfahren an Verfahrensvorschriften gebunden sind und sich je nach Uni und Bundesland unterscheiden, sollte man sich früh an einen Rechtsanwalt wenden. Der wird dann die notwendige Strategie entwickeln.

 

In welchen Studiengängen oder bei welchen Hochschulen stehen die Chancen am besten, einen Studienplatz einzuklagen? Gibt es eindeutige Muster oder kann man das nicht so genau sagen?

Schwierig sind die Studiengänge, bei denen sich viele Bewerber auf eine kleine Anzahl von Studienplätzen bewerben. Oft sind diese Studiengänge der einzelnen Universitäten bekannt, da es sich um sehr beliebte Studiengänge an sehr beliebten Unis handelt. Ein Studienplatz in Human- oder Tiermedizin ist regelmäßig schwer zu bekommen.

Grade in diesen Studiengängen scheint oft die Studienplatzklage für viele Bewerber die einzig realistische Chance für einen Studienplatz zu sein. An welchen Hochschulen bessere Chancen bestehen, hängt vom Studienfach ab. Die Anwälte, die auf diesem Gebiet erfahren sind, kennen die schwierigen Fächer und werden den Wunsch des Bewerbers realistisch einschätzen und ihn beraten können.

 

Wann genau kann ein Studienplatz eingeklagt werden? Gibt es dazu eine Daumenregel?

Die Fristen sind nicht einheitlich. Sie unterscheiden sich danach, ob ein Studienplatz an einer Fachhochschule oder einer Universität begehrt wird. Auch sind sie von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich.

Fristen werden oft in den Schreiben der Unis im Rahmen der Bewerbung oder der Ablehnung erwähnt. Die Schreiben sind daher aufmerksam zu lesen und sollten dem Anwalt überreicht werden. Auch auf den Websites der Universitäten und Fachhochschulen können Hinweise zu den Fristen stehen.

Im Extremfall wird verlangt, dass der Antrag auf außerkapazitäre Zulassung bereits bis zum 15.07. gestellt wird. Teilweise ist ein Antrag bis zum 15.10. ausreichend. Als Daumenregel gilt daher: Je früher, desto besser.

 

Was sind Ihrer Meinung nach die häufigsten Fehler bei einer Studienplatzklage, die Studierende unbedingt vermeiden sollten?

Ganz wichtig ist das Einhalten von Fristen. Wenn Fristen grundlos versäumt werden, ist ein erfolgreiches Vorgehen nicht mehr möglich.

 

Eine Studienplatzklage ist an sich keine günstige Angelegenheit. Mit welchen Kosten sollte man grob rechnen?

Das hängt von verschiedenen Faktoren ab, z.B. dem Verfahrensverlauf, ob es eine mündliche Verhandlung gibt, ob sich die Gegenseite auch anwaltlich vertreten lässt etc. Kosten von ca. 800 € bis 1.400 € sollten auf jeden Fall grob einkalkuliert werden. Man sollte mit dem Rechtsanwalt abklären, welche Kosten machbar sind.

Auch sollte überprüft werden, ob die Kosten von einer Rechtsschutzversicherung – ggf. die der Eltern – getragen werden. Wenn das Verfahren vollumfänglich gewonnen wird, hat die Universität oder die Hochschule die Kosten zu tragen.

 

Warum sollte man einen passenden Anwalt oder eine Anwältin zur Hilfe nehmen? Kann man die Klage nicht auch alleine durchziehen?

Es besteht kein Anwaltszwang. Man kann also auch alleine handeln und sowohl den Schriftverkehr als auch die persönliche Vertretung bei der Behörde als auch vorort übernehmen.

Aber Anwälte und Anwältinnen, die sich in diesem speziellen Bereich der „Studienplatzklagen“ auskennen, wissen, welche Unterlagen einzureichen und welche Anträge zu stellen sind. Sie kennen die einzuhaltenden Fristen und können im Verfahren die Rechtslage der doch sehr komplexen Materie bewerten. Wenn es notwendig wird, werden sie die Kapazitätsberechnungen der Universitäten und Hochschulen auf mögliche Fehler prüfen.

Ob man in der kurzen Zeit auch ohne Anwalt alle Möglichkeiten im Blick hat und richtige Schritte unternimmt, muss jeder Bewerber für sich selbst entscheiden. Da aber ein Jahr Wartezeit oder mehr zu befürchten sind, sollte man genau abwägen.

 

Wann lohnt sich eine Studienplatzklage? Können Sie die Pros und Kontras kurz abwägen?

Pro „Studienplatzklage“ spricht, dass auf diesem Weg schon viele Bewerber – auch wenn sie zuvor abgelehnt wurden – den Studienplatz erhalten haben. Wenn man den Traum vom Wunschstudium nicht aufgeben will oder nicht Jahre warten möchte, gibt die „Studienplatzklage“ die Chance, das Wunschstudium schnell anzutreten.

Gegen eine „Studienplatzklage“ spricht natürlich das Kostenrisiko. Ansonsten drohen keine Nachteile, nur weil man sich einklagte.

 

Ist eine Studienplatzklage moralisch fragwürdig?

Es ist moralisch nicht verwerflich. Denn es geht – im skizzierten Weg –  um zusätzliche Plätze, die ansonsten überhaupt nicht zur Vergabe stünden und gar nicht existent wären. Man nimmt also anderen Bewerbern keinen Platz weg. Es werden einfach die Rechte geltend gemacht, die jeder Bewerberin und jedem Bewerber zur Verfügung stehen.

 

Wie geht es weiter, wenn die Studienplatzklage erfolgreich war?

Im besten Fall wird der Bewerber sich immatrikulieren und sein Studium sofort beginnen können.

 

Welche Risiken müssen Studierende bei einer Studienplatzklage beachten?

Das Risiko sind die Kosten. Wenn das Verfahren verloren wird, müssen Anwalts- und Gerichtskosten getragen werden. Viele Studierende befürchten Nachteile, weil Sie sich in das Studium „geklagt“ haben. Das kann ich jedoch nicht bestätigen. Denn Universitäten und Hochschulen sind Massenbetriebe, bei denen nicht auffällt, wie jemand den Studienplatz erlangt hat. Das heißt, es gibt keine negativen nachhaltigen Folgen, die aufgrund einer Studienplatzklage zu befürchten sind.

 

Wie lange kann so ein Klageverfahren dauern? Und mit wie viel zeitlichem Aufwand und Vorlauf sollten Studierende rechnen?

Ich empfehle, sich früh mit dem Gedanken der Studienplatzklage zu befassen. Dann kann die richtige Strategie mit dem Rechtsanwalt besprochen und die notwendigen Unterlagen eingeholt werden. Auch die Fristen können so besser beachtet werden. Zudem wird die maßgebliche Arbeit durch den Rechtsanwalt gemacht, so dass man sich um die einzelnen Schritte nicht alleine kümmern muss.

Ein normales Verfahren vor dem Verwaltungsgericht würde Monate oder Jahre dauern. Daher ist das Eilverfahren so wichtig. Denn das Eilverfahren ist in der Regel so angelegt, dass dies nur wenige Wochen dauert. Oft kann man das Studium gleich zu Semesterbeginn oder nur kurz nach Semesterbeginn antreten.

 

Im Interview

Rechtsanwalt Stefan Buddeke

Stefan Buddeke ist Rechtsanwalt und unser Experte für Studienplatzklagen und Zulassungsverfahren. Neben dem Hochschulrecht und dem Prüfungsrecht ist er auch im Arbeitsrecht tätig. Dabei vertritt Rechtsanwalt Stefan Buddeke die Interessen von vielen Studierenden deutschlandweit.

 

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Fazit

In diesem Artikel haben wir dir gezeigt, wie du mit Hilfe einer Studienplatzklage zu deinem Wunschstudium kommst. Der Vorgang ist nicht immer einfach und kann – je nach Situation – zu komplexen verfahren führen, aber mit der richtigen Vorgehensweise oder einem klugen Partner an deiner Seite, stehen die Erfolgsaussichten gar nicht schlecht.

Eine Studienplatzklage ist ein verwaltungsrechtlicher Vorgang, der darauf abzielt zurückgehaltene Kapazitäten der Hochschule freizusetzen und diese den Klagenden zur Verfügung zu stellen. Für ein optimales Ergebnis müssen die Verfahrensabläufe bekannt sein und alle wichtigen Fristen eingehalten werden.

Erfahrungswerte und detaillierte Fachkenntnisse sind bei Zulassungsangelegenheiten nicht nur hilfreich – durch sie werden Verfahrensfehler von Anfang an vermieden, was den gesamten Prozess beschleunigt und dadurch unterm Strich Kosten und Nerven spart.

Als letzte Chance solltest du eine Studienplatzklage daher auf dem Zettel haben.

Tim Reichel


Dr. Tim Reichel ist Autor, Wissenschaftler und der Gründer von Studienscheiss. Seit über 10 Jahren arbeitet er als Fachstudienberater und löst Probleme im Studium. Außerdem hält er Vorträge, veranstaltet Seminare und schreibt Bücher.

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