Es gibt eine Krankheit, an der jeder Student während seines Studiums leidet. Mal halten die Beschwerden nur kurz an; mal dauert es Monate, bis die Heilung eintritt. Manche Studenten erkranken sogar mehrmals oder stecken sich gegenseitig an, bis eine regelrechte Epidemie ausbricht. Das Tückische an dieser Krankheit ist: Sie schleicht sich heimlich in dein Leben und ist nur mit großem Aufwand wieder loszuwerden.
Und wenn du nicht aufpasst, kann es dich heute noch erwischen.
Die Krankheit, von der ich spreche, ist die Aufschieberitis.
Gut, aus medizinischer Sicht handelt es sich dabei nicht um eine klassische Krankheit – aber jeder, der schon einmal (oder mehrmals) wichtige Aufgaben bis zur letzten Sekunde aufgeschoben hat und dadurch mit großen Problemen konfrontiert war, wird meinem Vergleich zustimmen.
Die gemeine Aufschieberitis tritt häufig dann auf, wenn große, unangenehme To-dos auf dich warten und du eigentlich mit deiner Arbeit beginnen müsstest. Kurz bevor du loslegen möchtest, flüstert dir dann eine mysteriöse Stimme Dinge ins Ohr wie: „Ach, du hast noch Zeit. Schau dir lieber noch eine Folge deiner Lieblingsserie an, bevor du mit dem Lernen anfängst“ oder „Leg dich besser erstmal auf die Couch und ruh dich aus. Sonst kannst du dich eh nicht konzentrieren“.
Diese „großartigen“ Ratschläge kommen von deiner Aufschieberitis. Es ist dein innerer Drang, Dinge aufzuschieben. Auch bekannt als „Prokrastination“. Es ist eine schlechte, unproduktive Gewohnheit, die dir dein Studium zur Hölle machen und dein Zeitmanagement vollkommen ruinieren kann.
Darum zeige ich dir in diesem Artikel, wie du die Aufschieberitis geschickt abwehren kannst. Und zwar mit dem Eine-Sekunde-Schutzschild.
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Diagnose: Aufschieberitis
Bevor wir uns um ein wirksames Gegenmittel gegen deine Aufschieberitis kümmern, machen wir einen Schnelltest. Auf diese Weise bekommst du einen soliden Eindruck von deiner Arbeitsweise und kannst feststellen, wie stark dein Aufschiebepotenzial ausgeprägt ist. Lies dir die folgenden Fragen durch und beantworte sie so ehrlich wie möglich:
- Würdest du deine Arbeitsweise häufig als „unproduktiv“ bezeichnen?
- Hast du regelmäßig Schwierigkeiten dabei, konzentriert zu lernen?
- Bereitet dir das Anfangen fast immer Schwierigkeiten?
- Lässt du dich leicht ablenken?
- Verschiebst du wichtige Aufgaben regelmäßig auf „später“?
- Ertappst du dich manchmal dabei, wie du geistig von deiner aktuellen Aufgabe abweichst?
- Verfällst du beim Lernen gelegentlich ins Multitasking?
- Weichst du beim Lernen oder Arbeiten häufig von deinem ursprünglichen Plan ab?
- Bist du bei deiner Prüfungsvorbereitung oft spät dran?
- Fragst du dich manchmal, warum du überhaupt das tust, was du tust?
Wie viele der zehn Fragen hast du mit „Ja“ beantwortet? Waren es mehr als die Hälfte oder vielleicht sogar fast alle? Eine eindeutige Antwort auf die Frage, ob du an einer Aufschieberitis leidest oder zumindest empfänglich für das Aufschieben wichtiger Aufgaben bist, lässt sich nicht eindeutig feststellen. Es gibt nur Tendenzen – doch es wichtig, diese zu kennen und ein Gefühl für die eigenen Gewohnheiten zu bekommen.
Solltest du bei mehr als drei Fragen zustimmen, hat die Aufschieberitis einen Einfluss auf deine Arbeitsweise. Und mit „Einfluss“ meine ich keine guten, produktiven Auswirkungen, sondern eher bremsende und destruktive Erscheinungsformen. In diesem Fall solltest du dich gegen diese Krankheit wappnen.
Das passende Rüstzeug zeige ich dir jetzt.
Der Eine-Sekunde-Schutzschild
Wann dich die Aufschieberitis überfällt, kannst du nicht vorhersehen. Es kann jederzeit passieren und egal, wie sehr du dich mental darauf einstellst: Es wird immer Momente oder Gelegenheiten geben, in denen du deinem Aufschiebedrang kaum standhalten kannst. Ein wirksames Konzept, um in diesen Situationen schnell reagieren zu können, ist der sogenannte „Eine-Sekunde-Schutzschild“.
In dem Buch von Philipp Barth habe ich zum ersten Mal davon gelesen und war sofort von der Idee überzeugt. Sie lautet:
Wenn dich die Aufschieberitis heimsucht, musst du schnell reagieren und den Angriff abwehren. Dazu legst du dir einen motivierenden Gedanken zurecht, der dich in einem schwachen Moment vor der Aufschieberitis schützt: dein mentaler Schutzschild.
Die „eine Sekunde“ soll verdeutlichen, dass der Gedanke schnell griffbereit sein muss. Du hast keine Zeit für lange Sachdiskussionen, wenn die Aufschieberitis um die Ecke kommt – du musst ihr sofort etwas entgegenhalten. Ein kurzer, einfacher Gedanke eignet sich dazu am besten.
Wie du einen solchen Gedanken findest, sehen wir uns jetzt an.
So schmiedest du deinen eigenen Eine-Sekunde-Schutzschild
Bei deinem persönlichen Schutzgedanken musst du zwei wesentliche Dinge beachten: Erstens muss der Gedanke stark und motivierend sein. Nur, wenn dein mentales Bild einen positiven Impuls in dir auslöst, eignet er sich als Gegenmittel gegen die Aufschieberitis. Ist dein Gedanke hingegen zu schwach, verpufft seine Wirkung. Zweitens muss der Gedanke einfach und klar sein. Ist dein Schutzschild zu komplex dauert es zu lange, bis du deine Abwehr organisiert hast; die Aufschieberitis hat dann freie Bahn. Konzentriere dich daher auf den Kern deines mentalen Bildes.
Mit den folgenden fünf Schritten schmiedest du deinen eigenen Schutzschild:
Schritt 1: Aufgabe bestimmen!
- Lege eine Aufgabe oder Tätigkeit fest, für die du ein Schutzschild erstellen möchtest.
Schritt 2: Definiere ein Ziel!
- Formuliere ein schriftliches Ziel für deine Aufgabe oder Tätigkeit, damit du genau vor Augen hast, worauf du hinarbeiten möchtest.
Schritt 3: Visualisiere das Ergebnis!
- Stell dir das Ergebnis deiner Arbeit bildlich vor und male es dir im Detail aus.
Schritt 4: Konzentriere dich auf einen Vorteil!
- Wähle aus dieser Vorstellung den größten Vorteil für dich aus und konzentriere dich nur auf diese eine Sache.
Schritt 5: Verbinde Emotionen mit diesem Vorteil!
- Wie fühlt es sich an, wenn du deine Aufgabe zu Ende bringen und das Ergebnis erreichen würdest?
Bevor du mit einer neuen Aufgabe oder einer Routinetätigkeit beginnst, kannst du dir mit dieser Anleitung einen entsprechenden Schutzschild zurechtlegen. Versuche dabei, deinen Schutzgedanken schnell abrufbereit zu verankern, damit du sofort reagieren kannst. Schauen wir uns nun einige Beispiele dazu an, damit du den Eine-Sekunde-Schutzschild sofort im praktischen Einsatz kennenlernst.
Beispiele
Beispiel 1: Aufschieberitis beim Lernen
„Heute lohnt sich das Lernen nicht mehr, es ist schon zu spät.“
Schutzschild: Stell dir vor, wie du eine 1 für deine Prüfung bekommst und überglücklich deinen Notenspiegel checkst.
Beispiel 2: Aufschieberitis beim Schreiben
„Dein Schreibtisch ist unordentlich. Räum lieber erstmal auf, bevor du an deiner Studienarbeit weiterschreibst.“
Schutzschild: Stell dir vor, wie du ein Sonderlob von deinem Professor bekommst, weil du eine erstklassige Studienarbeit geschrieben hast.
Beispiel 3: Aufschieberitis beim Lesen
„Du bist zu müde zum Lesen, schau dir lieber ein paar Videos auf YouTube an.“
Schutzschild: Stell dir vor, wie du das fertiggelesene Buch zufrieden in dein Bücheregel zurückstellst.
Beispiel 4: Aufschieberitis beim Sport
„Es regnet heut, du solltest besser nicht joggen gehen.“
Schutzschild: Stell dir vor, wie du deinen Traumkörper vor dem Spiegel betrachtest.
Beispiel 5: Aufschieberitis bei der Hausarbeit
„Du kannst morgen einkaufen gehen.“
Schutzschild: Stell dir vor, wie du morgen Freizeit haben wirst und entspannen kannst, weil du heute alles erledigt hast.
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Fazit
Wenn die Aufschieberitis zuschlägt, brauchst du einen schnellen Schutzmechanismus. Für lange Überlegungen bleibt keine Zeit – sonst wirst du überrumpelt und schiebst in der Folge weiterhin deine wichtigsten Aufgaben vor dir her.
Der Eine-Sekunde-Schutzschild ist eine einfache und effektive Hilfe, die dir beim Lernen (und generell bei der Arbeit) den Rücken freihalten kann. Dazu musst du dir nur einen starken Gedanken zurechtlegen, diesen mit einer positiven Emotion verknüpfen und dann so in deinem Bewusstsein verankern, dass du ihn schnell abrufen kannst, sobald Aufschiebegefahr droht.
Gewöhne dir an, für jede wichtige Aufgabe in deinem Studium einen Schutzschild parat zu haben. Auf diese Weise stellst du sicher, dass deine Prioritäten geschützt sind und du deine Zeit klug einsetzt. Die Aufschieberitis wird dann an dir abprallen und hat keine Chance mehr, dich von der Verwirklichung deiner Ziele abzuhalten.
Was mir geholfen hat, war das Aufschreiben von Dingen, die ich am Tag machen wollte – und zwar schon am Vorabend. Und für Erstfassungen von egalwas nutze ich stets Papier und zwar bereits benutztes (als z.B. die Rückseite von einem Ausdruck, etc.), sodass kein absolut kein Druck da ist, dass es „super“ werden muss (quasi stets ein Testblatt). Dadurch fällt außerdem das Anfangen deutlich leichter.
LG,
Marian
Hallo Marian,
das ist ein sehr guter Tipp – vielen Dank!
Liebe Grüße
Tim