Schreibzeitverlängerung: So bekommst du per Nachteilsausgleich mehr Zeit für deine Klausur

Tim Reichel

Mithilfe einer Schreibzeitverlängerung bekommst du mehr Zeit für die Bearbeitung deiner Klausur. Diesen Nachteilsausgleich musst du jedoch bei deiner Hochschule beantragen und innerhalb dieses Verfahrens nachweisen, dass dir im Sinne des Gleichberechtigungsgrundsatzes mehr Zeit zur Verfügung steht. Die Erfolgsaussichten sind immer dann gut, wenn ungleiche oder unfaire Rahmenbedingungen vorliegen.

Bild: rawpixel.vom / pexels.com

Letzte Woche bekam ich eine E-Mail eines verzweifelten Studenten. Nennen wir ihn einfachheitshalber Lukas. Lukas hatte vor ca. drei Wochen einen Sportunfall, wobei er sich das rechte Handgelenk brach. Komplizierte Sache – und schmerzhaft noch dazu. Jedenfalls trägt Lukas aktuell einen Gips und kann Teile seiner Hand nur eingeschränkt bewegen.

Warum ist das wichtig? Erstens, weil Lukas Rechtshänder ist und zweitens, weil Lukas sich mitten in seiner Prüfungsphase befindet. Das heißt im Klartext: Ohne seine voll funktionsfähige Schreibhand wusste Lukas nicht, wie er sein Semester retten soll.

Alle offenen Prüfungen abmelden? Keine Option, weil damit sein Studienverlaufsplan hinfällig wäre und sich seine Studienzeit deutlich verlängern würde. Die Klausuren trotz seines Handicaps mitschreiben? Auch keine Option, weil er in der vorgegebenen Zeit nur einen Bruchteil der Aufgaben bearbeiten könnte und damit seinen Notenschnitt ruinieren würde.

Eine ausweglose Situation?

Nein.

Zum Glück gibt es eine Möglichkeit, wie Studenten mehr Zeit für ihre Prüfungen erhalten können. Dieses prüfungsrechtliche Werkzeug nennt sich Schreibzeitverlängerung und kann dir in Ausnahmesituationen viel Zeit sparen und deinen Studienerfolg garantieren. Ich habe schon zahlreichen Studenten dabei geholfen, eine Schreibzeitverlängerung zu beantragen.

In diesem Artikel zeige ich dir, wie auch du diese Option nutzen kannst.

 

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Was ist eine Schreibzeitverlängerung?

Bei einer Schreibzeitverlängerung erhält der Prüfling – wie der Name schon sagt – mehr Zeit für die Bearbeitung einer schriftlichen Klausur. Typischerweise wird dabei ein prozentualer Anteil der Bearbeitungszeit zur regulären Prüfungsdauer hinzugerechnet. In einigen Fällen kann die Prüfung auch um eine konkrete Dauer in Minuten oder Stunden verlängert werden. Dazu später mehr.

Die Motivation hinter diesem Konstrukt ist das Gleichstellungsgebot der Hochschulen. Demnach sollen für alle Studierenden die gleichen Grundvoraussetzungen für das Ablegen einer Prüfung gelten. Gerät ein Prüfling durch äußere Umstände in eine unvorteilhafte Situation, die den Prüfungserfolg beeinträchtigen könnte, kann dieser Nachteil ausgeglichen werden. Der am häufigsten genutzte Nachteilsausgleich ist die Schreibzeitverlängerung.

 

Für wen kommt eine Schreibzeitverlängerung in Betracht?

Ein Nachteilsausgleich kann generell von Studierenden mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen in Anspruch genommen werden. Kurzfristige Einschränkungen der Leistungsfähigkeit (gebrochene Hand) können jedoch auch seitens der Hochschule ausgeglichen werden. Hierbei wird in der Regel eine genaue Prüfung der Situation durchgeführt und in der Folge eine Einzelfallentscheidungen getroffen.

Falls du eine Schreibzeitverlängerung beantragen möchtest, solltest du dich vorher fragen: Führt meine persönliche Situation zu einem direkten Nachteil, der meine Leistung in der Klausur erheblich beeinträchtigt? Und: Kann diese Beeinträchtigung nachgewiesen werden? Bei körperlichen oder mentalen Krankheitsbildern ist dies durch ärztliche Atteste gut realisierbar. Emotionale Probleme (wie zum Beispiel ein Todesfall in der Familie) führen erfahrungsgemäß nur selten zum Erfolg.

 

Wie du eine Schreibzeitverlängerung bekommst

Eine Schreibzeitverlängerung musst du – je nach Hochschule – bei deinem Prüfungsausschuss oder Prüfungsamt beantragen. Dazu formulierst du einen schriftlichen Antrag, nennst Prüfungsnamen sowie Prüfungsdatum bzw. Prüfungszeitraum und begründest deinen Antrag. Bescheinigungen und Atteste, die deine Schreibzeitverlängerung legitimieren, fügst du deinem Antrag hinzu.

In diesem Artikel erkläre ich ausführlich, wie du solch einen Antrag schreiben kannst

Auf den meisten Hochschulwebseiten gibt es zu den Themen Nachteilsausgleich und Schreibzeitverlängerung ausführliche Erläuterungen und zum Teil Vordrucke für den entsprechenden Antrag. Zur Sicherheit kannst du dich an die folgende Checkliste halten:

 

Schritt 1: Informiere dich!

Kontaktiere deine Studienberatung und nimm Kontakt zu deinem Prüfungsausschuss auf, um dich über die Möglichkeiten einer Schreibzeitverlängerung zu informieren. Je nach Studiengang kann es eingespielte Abläufe geben, die die Arbeit für alle Beteiligten reduzieren und deine Erfolgsaussichten erhöhen.

Informiere dich zudem bei deinen Kommilitonen, der Fachschaft und dem AStA deiner Hochschule. Möglicherweise bekommst du dort Tipps aus erster Hand und kannst von den Erfahrungen anderer Studenten profitieren, die selbst eine Schreibzeitverlängerung beantragt haben.

 

Schritt 2: Sammle Beweise!

Bevor du den eigentlichen Antrag auf Schreibzeitverlängerung stellst, ist es sinnvoll, die entsprechenden Belege und Atteste zu besorgen. Nur, wenn du diese Dokumente vorweisen kannst, ist die Begründung deines Antrags robust genug, um vor dem Prüfungsausschuss zu bestehen.

Bei einem gebrochenen Arm kannst du dir zum Beispiel von deinem Arzt attestieren lassen, dass deine Schreibfähigkeiten eingeschränkt sind. Gleichzeitig kann dein behandelnder Arzt auch eine Empfehlung für die konkrete Schreibzeitverlängerung angeben. Tipp: Bitte deinen Arzt um eine studentenfreundliche Schätzung von ca. 50 Prozent.

Einige Hochschulen und Prüfungsausschuss akzeptieren nicht jede Bescheinigung und fordern stattdessen Atteste von Amtsärzten. In diesem Fall musst du ausreichend Zeit einplanen, um rechtzeitig einen Termin beim Amts- oder Hochschularzt wahrnehmen zu können.

 

Schritt 3: Stelle einen Antrag!

Nachdem dir alle Informationen und Belege vorliegen, kannst du einen Antrag auf Schreibzeitverlängerung formulieren. Nutze dazu die Antragsvorlagen deiner Hochschule (falls es so etwas gibt) und achte darauf, dass du keine relevanten Angaben in deinem Antrag auslässt.

Wie bei allen Anträgen an den Prüfungsausschuss ist die Begründung deines Anliegens der wichtigste Punkt. Falls du dabei Hilfe brauchst:

In diesem Artikel zeige ich dir, wie du eine perfekte Begründung schreiben kannst.

Beispiele für Schreibzeitverlängerungen

Zum Schluss habe ich noch einige Beispiele für dich zusammengestellt, damit du besser einschätzen kannst, wann eine Schreibzeitverlängerung sinnvoll beantragt werden kann.

 

Beispiel 1: Körperliche Einschränkung

Wie eingangs erwähnt, wird das Mittel der Schreibzeitverlängerung hauptsächlich bei Studierenden mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen eingesetzt. Allerdings können auch kurzfristige Einschränkungen eine Verlängerung der Prüfungsdauer nach sich ziehen.

Dabei ist es nicht zwingend erforderlich, dass deine Schreibhand oder dein Schreibarm lädiert sind. Kopfverletzungen, Nervenkrankheiten oder Mobilitätseinschränkungen, die dich beim Schreiben stören, können gegebenenfalls auch geltend gemacht werden. Dabei kommt es stark auf deine individuelle Situation und die Politik deiner Hochschule an.

 

Beispiel 2: Mentale Krankheiten

Neben körperlichen Handicaps werden auch mentale Krankheitsbilder immer häufiger als Grund für einen Nachteilsausgleich akzeptiert. Hierbei ist eine vorherige Abstimmung mit deinem Prüfungsausschuss unerlässlich, damit du die entsprechenden ärztlichen Bescheinigungen entsprechend anfordern kannst.

 

Beispiel 3: Fehler in der Aufgabenstellung

Eine Erhöhung der Schreibzeit muss nicht zwangsläufig mit persönlichen Einschränkungen verbunden sein. Grundvoraussetzung ist nur, dass die Prüflinge durch die vorliegenden Rahmenbedingungen einen Nachteil erfahren. Dies kann zum Beispiel ein Fehler in der Aufgabenstellung sein, wie dieser Bericht zeigt:

Ausgleich von Fehlern in der Aufgabenstellung durch Schreibzeitverlängerung kann zulässig sein

 

Beispiel 4: Störende Rahmenbedingungen (Hitze)

Selbst dann, wenn deine Hochschule keinen Fehler gemacht hat, können ungleiche bzw. unfaire Prüfungsbedingungen vorliegen. Lärm, überfüllte Prüfungsräume oder Hitze können dann zum Beispiel eine Schreibzeitverlängerung zur Folge haben. In diesem Bericht gibt es mehr zu diesem Thema:

Schreibzeitverlängerung bei Hitze

 

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Fazit

Mithilfe einer Schreibzeitverlängerung bekommst du mehr Zeit für die Bearbeitung deiner Klausur. Diesen Nachteilsausgleich musst du jedoch bei deinem Prüfungsamt oder deinem Prüfungsausschuss beantragen und innerhalb dieses Verfahrens nachweisen, dass dir im Sinne des Gleichberechtigungsgrundsatzes mehr Zeit zur Verfügung steht. Die Erfolgsaussichten sind immer dann gut, wenn ungleiche oder unfaire Rahmenbedingungen vorliegen.

Wie du bei solch einem Antrag vorgehen kannst und was du beachten musst, habe ich dir in diesem Artikel gezeigt.

Vergiss nicht: Eine Schreibzeitverlängerung wird häufig individuell beurteilt und kann von Studiengang zu Studiengang unterschiedlich eingeschätzt werden. Daher solltest du dich bei den administrativen Einrichtungen deiner Hochschule ausführlich informieren, bevor du aktiv wirst.

Tim Reichel


Dr. Tim Reichel ist Autor, Wissenschaftler und der Gründer von Studienscheiss. Seit über 10 Jahren arbeitet er als Fachstudienberater und löst Probleme im Studium. Außerdem hält er Vorträge, veranstaltet Seminare und schreibt Bücher.

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